penumbra (2015)

>> szenographie / lichtgestaltung

Jede Zeit hat Ideale – und jede Zeit hinterlässt Spuren, Lage für Lage, Schicht für Schicht, um uns und in uns. Penumbra spielt mit diesen Schichten, deckt sie auf, legt sie frei, gräbt sie um. Das Doppelbödige, das Vielschichtige ist von Interesse. Aber auch das Überzeitliche, das Verhaftet- wenn nicht gar Gefangensein des Menschen in seinen kulturellen, sozialen und psychischen Strukturen. Seine Silhouette zeichnet sich ab vor dem Horizont: Im »Halbschatten « (lat. »Penumbra«) trifft er auf seine Doppelgänger und körpergewordenen Schatten, stellt sich ihnen als seinen Widersachern oder erliegt ihren fremdartig-vertrauten Reizen. Verborgene Ängste, Hoffnungen und unterbewusste Zustände drängen an die Oberfläche. Was ist die Gestalt des Menschen, wenn er sein Innerstes nach Außen stülpt, seine Ideale und Gewissheiten sich in höheren Sphären auflösen oder in der Tiefe zerschellen – wenn das bloße Menschsein übrig bleibt?
Die Ruine des Heidelberger Dicken Turms setzt den Ausgangspunkt für eine tänzerisch-akrobatische Bewegungsrecherche und geschichtliche Spurensuche: Die Auseinandersetzung mit den Motiven und Stoffen der Romantik nebst ihrer schwarzen Seite à la E. T. A. Hoffmann mit ihren Schauerromanen – gepaart mit Inspirationen durch den Dogma-Film `Das Fest´ oder dystopische, verstörende Gesellschaftsentwürfe – eröffnet ein Spannungsfeld der sozialen und psychologischen Natur des Menschen, seiner Ideale und Wünsche.
Wie Gestrandete einer vergangenen Zeit erscheint die Gruppe der Menschen – eine »Familienaufstellung«? Aber das »Gruppenporträt « löst sich auf, tiefere und dunklere Kräfte übernehmen die Führung. Im Mittelpunkt das glänzende Zentrum – irrealer Ort von Sehnsucht und Projektion oder reale Zuflucht? Im Märchen verheißt die goldene Kugel ein Glück, das in den Tiefen letztlich unerreichbar oder nur in der radikalen Veränderung gewonnen werden kann – im mutigen, weil stets riskanten Übergang – doch garantiert nicht im Status quo. (Text: Overhead Project)

Credits

Konzept und Choreografie Tim Behren und Florian Patschovsky mit der Dance Company Nanine Linning / Theater Heidelberg // Choreografische Assistenz: Morgane de Toeuf // Licht- und Bühnengestaltung: Jasper Diekamp // Komposition: Simon Bauer // Dramaturgie: Phillip Koban // Tanz: Dance Company Nanine Linning – Theater Heidelberg: Paolo Amerio, Mallika Baumann, Jesse Hanse, Francesca Imoda, Wessel Oostrum, Eden Orrick, David Pallant, Kyle Patrick, Thomas Walschot, Ting-An Ying

Vorstellungen

Heidelberger Schloßfestspiele 2015, Tanz im Turm, Ruine Dicker Turm im Heidelberger Schloss

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